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Computerspieleunterstütztes Lernen 24. März 2009

Posted by Cariadwyn in Computerspielliteralität, Game based Learning, Informelles Lernen, Kompetenzerwerb, Sozialisation.
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Im November 2004 beschäftigte sich Marian Dörk an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg in einer Seminararbeit mit dem Thema des Computerspieleunterstützten Lernens. Der Kritiker mag nun bemängeln, dass es sich lediglich um eine Seminararbeit handelt, doch sind die interessanten Fakten in dieser herausgearbeitet und sie bietet einen guten Überblick und Einstieg zu Spiel, Computerspiel und Lernen im Vergleich und Bezug zueinander. Damit zeigt sie auf, aus welchen Gründen Computerspiele eigentlich als Lerninstrumente fungieren können und welche Elemente sich für eine Einbindung in Lernsoftware, Unterricht und Erziehung – und somit in die Bildung – nutzen liessen.

Computerspiele faszinieren und machen Spass. Sie gelten als Freizeitbeschäftigung, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Viele Forschungen und Fragen beschäftigen sich mit den negativen Auswirkungen von Computerspielen, doch sollten im Hinblick auf Bildung vor allem die positiven untersucht werden. Eine Übertragung der Faszination und des Spassfaktors auf Lernprogramme, die somit zur Bildung genutzt werden können, wäre ein bedeutender Schritt zu einer Weiterentwicklung und Erneuerung der Bildung. Oft wird Computerspielen als sinnlose Tätigkeit abgetan, die Zeit von wertvolleren und wichtigeren Aktivitäten in Anspruch nimmt.  Doch betrachtet man die positiven Einflüsse und den engen Bezug zum Spielen im Allgemeinen, so lässt sich erkennen, dass Computerspielen keineswegs nur eine sinnlose Freizeitbeschäftigung ist.

Dörk schlüsselt zunächst die Bedeutung des Spielens an sich auf. In der Entwicklung des Kindes hat Spielen einen hohen Stellenwert, da es Einfluss auf die charakterliche, persönliche und kognitive Entwicklung des Kindes nimmt. Es ist dem Kind möglich seine Träume auszuleben, ohne dass diese relevante Folgen für die Realität hätten.

Spielend nähert sich das Kind seiner Umwelt. Dabei ist das Verhältnis zur Umwelt von unbekümmerter Offenheit geprägt. (vgl. [1] S. 6)

Mit dem vorengegangenen Zitat drückt sich bereits der Unterschied zwischen Spielen und Lernen in extrinsicher Form aus. Spielen geschieht aus sich heraus und für sich, es ist spontan und freiwillig, geht mit Vergnügen einher und folgt keinen strikt festgelegten Regeln. Das Kind ist frei in seinem Erleben und dem daraus folgenden intrinsischen Lernen.

Vergleicht man das Computerspielen mit dem Spielen zeigen sich deutliche Parallelen. Spieler leben ihre Fantasien und Träume aus, erkunden mit Neugierde neue Entwicklungen und Gegebenheiten und üben sich im Wettbewerb mit anderen. Besondere Betonung beim Computerspielen liegt auf dem sogenannten Flow, der die Spieler in das Geschehen hineinversetzt, sie mitunter Raum und Zeit vergessen lässt. Flow besteht aus der Kombination von Herausforderung, Erfolg und Misserfolg. Wie beim Spielen lässt sich bei Computerspielen eine Anpassung an die eigenen Fähigkeiten und das Vorwissen vornehmen, sofern eine Einstellung von verschiedenen Schwierigkeitsgraden vorhanden ist.

Lernen bezeichnet einen Prozess, bei dem sich alles um das Erkunden, Deuten und Ordnen von Informationen dreht, die infolge dieses Prozesses zu Wissen werden. In der Schule wird explizites Lernen angewendet, welches aber oftmals negative Konsequenzen zeigt. Die Lernenden haben kaum Einfluss auf den Lernprozess. Es läuft nach einem vorgefertigten Plan ab, der die verschiedenen Fähigkeiten der einzelnen Schüler nicht einbezieht, was Über- oder Unterforderung zur Folge haben kann. Gleichzeitig entsteht oft Druck durch die Notengebung und den Wettkampf unter den Schülern. Zusammenfassend ist der einzelne SChüler auf sich selbst angewiesen, muss Leistung bringen unabhängig von seinem wahren Fähigkeits- und Wissensstand. Er ist in eine Routine eingebettet. Wichtig wäre ein selbstbestimmtes Lernen, bei der der SChüler selbst zum Akteur wird, doch dies ist unser Schulsystem nur in geringem Maße zu leisten fähig.

Dörk fasst drei erforderliche Qualitäten für eine Lernumgebung zusammen:

  • Authentizität
  • Situiertheit
  • Kooperation

Mit dem Blick auf diese drei Forderungen betrachtet er einige herkömmliche Lernsoftware (Edutainment-Software) und kommt zu dem Schluss, dass diese nicht die Anforderungen einer optimalen Lernumgebung erfüllen. Sie sind zu einfach gestrickt, leiden an Wiederholungen der Aufgaben, sind schlecht ausgearbeitet oder gehen nicht auf die individuellen Fähigkeiten der Lernenden ein. Fasst man diese Kritikpunkte zusammen, wird deutlich, dass das eigentliche Ziel verfehlt ist. Der Lernende merkt, dass er hier zum Lernen animiert werden soll; der Unterschied zur Schule ist nur noch marginal. Besser wäre eine gelungene Übernahme des Flow, mit dem Computerspiele ihre Faszination ausüben.

Folgende Anforderungen listet Dörk für eine gelungene Umsetzung auf (vgl. [1] S. 16):

  • Herausforderungen sind mit den Fähigkeiten des Einzelnen abgeglichen
  • Klare Kriterien für erfolgte Leistung und deren Rückmeldung an den Lernenden
  • vielfältige Herausforderungen
  • Wahrnehmung wird durch anspruchsvolle Grafik- und Klangwelten verwöhnt

Weiter geht Dörk auf die Bedeutung der sozialen Interaktion ein, die von Computerspielen keineswegs unterdrückt, sondern neu organisiert und gefördert wird im Zusammenfinden in neuen sozialen Netzwerken. Dadurch ist gemeinsames Lernen und Erleben möglich, was durch das nachfolgende Zitat ausgedrückt wird.

Aber schon die bloße Präsenz von Computern kann im schulischen Alltag die soziale Interaktion fördern. Oft helfen sich die Schüler untereinander, um Probleme oder Aufgaben zu lösen. (vgl. [1] S. 16)

Werden alle vorangegangenen Aspekte zusammengefasst, so ergeben sich als Anforderungen an Lernsoftware, die die Zusammenarbeit der Lernenden fördert:

  • Erstellen einer virtuellen Identität zur möglichen Reflexion über das eigene Handeln und Respektentwicklung gegenüber den anderen (Spielern)
  • kein Leistungsdruck der durch einen Pflichtkatalog entsteht, sondern freies Lernen
  • Lernen statt Lehren im aktiven Diskurs und Austausch miteinander
  • Spieler sind nicht Konsumenten vorgegebener Lerninhalte, sondern lernen durch eigene Initiative und Engagement
  • durch Gemeinschaft entsteht Zusammenarbeit und persönliche Motivation
  • Lehrende treten als Berater auf, geben Tipps und versuchen Lernprozesse anzustossen
  • Programmierung und Gestaltung soll von den Nutzern selbst in einem Gemeinschaftsprojekt unternommen werden

Würde eine Lernumgebung auch diesen Anforderungen gerecht werden, ist dem Spiel- und Lernspaß keine Grenzen gesetzt. Das Lernen wird zum kommunikativen Prozess, der sowohl die Eigeninitiative als auch die Zusammenarbeit vereinigt. (vgl. [1] S. 17)

Einhergehend mit der Zusammenfassung von Dörk lässt sich sagen, dass eine Untersuchung, Überarbeitung und Einbeziehung von Vorteilen der Computerspiele zu neuen pädagogischen Perspektiven führen kann, die weitergehend die Bildung verbessern könnten. Wichtig ist die veränderte Stellung des Schülers, die sich vom „passiven“ Schüler zum aktiven Lernenden im Mittelpunkt des Wissensgewinns wandelt. Vorteilhaft wäre eine interdisziplinäre Forschung, die die verschiedenartigen Perspektiven verwendet, um sich zu ergänzen. Diese Entwicklung ist vom heutigen Standpunkt bereits auszumachen.

Quelle: [1] Marian Dörk: Computerspieleunterstütztes Lernen, November 2004; http://www.anarchitect.org/ComputerspieleunterstuetztesLernen.pdf

Kommentare»

1. audiofee - 24. März 2009

nette, sowie realistische Ansichten !


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