jump to navigation

Computer machen Kinder schlau 5. April 2009

Posted by planetgolm in Game based Learning, Informelles Lernen, Kompetenzerwerb.
Tags: , , ,
trackback

Computerspiele machen Kinder schlau

Der renormierte Psychologe Wolfgang Bergmann veröffentlichte im Jahr 2000 das Buch „Computer machen Kinder schlau“ mit dem er zu dieser Zeit im Fachdiskurs der Psychologen eine klare Außenseiterperson einnahm. Er war und ist der Meinung: Computer und Videospiele und andere elektronische Spielzeuge, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten, machen schlau. Um seine Meinung auch für andere plausibel zu machen verfolgte Bergmann mit seinem Buch folgende Zielstellung:

Zum einen hat er den Versuch unternommen, die geistigen, seelischen und intellektuelle Vorgänge, die ein Kind beim Spielen eines Computerspiels durchläuft, darzustellen und sie unter lernpsychologischen Gesichtspunkten zu würdigen. Dabei beschreibt er ohne jeglichen Fachjargon warum sich der Umgang mit dem Computer aus fachlich-psychologischer Perspektive als sinnvoll erweist. Dafür beschreibt er eine Reihe von Gründen, die eine Förderung der intellektuellen und der emotionalen Intelligenz beim Computerspielen nahe liegen.

Zum anderen wollte er den Eltern einen verlässlichen, aber natürlich nicht vollständigen, Kompass durch die riesen Landschaft der vielen Angebote und wenigen Glanzlichter auf dem Kinder-Software-Markt anbieten können. Er beschreibt seine Auswahl dabei als subjektiv, die sowohl seine persönliche Vorlieben als auch Abneigungen widerspiegeln. Trotzdem ließ er seine Auswahl von zwei Kontrollinstanzen prüfen, von den Kinder seiner kinderpsychologischen Praxis und von seinem 13-jährigen Sohn.

Dabei kritisiert Bergmann unter anderem den klassischem Unterricht, bei den Verhaltensweisen die für die wirtschaftliche Zukunft unserer Kinder unverzichtbar sind, nicht mal ansatzweise verlangt werden. Stattdessen könnten sie aber im Cyberspace bzw. beim Computerspielen geübt werden. So beschreibt er verschiedene Fähigkeiten die Kinder beim Computerspielen erwerben können wie beispielsweisweise der Erwerb von menschlicher Vernunft, Sprache, Schrift und anderen symbolischen Ordnungen. Im Detail erläutert Bergmann dafür unter anderem wie Computerspiele förderlich sind wenn es darum geht in Alternativen zu denken, Risikobereitschaft zu entwicklen oder auch Verantwortung zu übernehmen. Betrachtet man dabei seine Argumentation etwas genauer, kontrastieren sie mitunter Perspektiven anderer Wissenschaften. Während Jesper Juul ein Computerspiel beispielsweise als ein festes Regelspiel definiert:

… video games are two rather different things at the same time: video games are real in that they are made of real rules that players actually interact with; that winning or losing a game is a real event. However, when winning a game by slaying a dragon, the dragon is not a real dragon, but a fictional one. To play a video game is therefore to interact with real rules while imagining a fictional world and a video game is a set of rules as well a fictional world. [2]

schreibt Bergmann in einer Argumentation (wie Kinder Risikobereitschaft entwickeln) folgendes:

In vielen Computerspielen gibt es keine feste Regeln. Der Spieler muss beurteilen, abwägen und schließlich entscheiden. [1]

Diese sich kontrovers gegenüberstehenden Annahmen und Perspektiven sind nicht zuletzt Gründe dafür, dass eine so große Vielzahl an unterschiedlichen Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen exisitieren. Die Durchsetzung einer allgemein akzeptierten Theorie, die zunächst Computerspiele an sich und Lernprozesse in und mit digitalen Spiele ausreichend genau beschreiben kann, wäre erstrebenswert. Aufgrund des hohen Maßes an Interdisziplinarität des Forschungsfeldes scheint dies jedoch mehr als schwierig.

Literatur

[1] Bergmann, W. (2000). Computer machen Kinder schlau. Was Kinder beim Computerspielen sehen und fühlen, denken und lernen. Beust Verlag.

[2] Juul, J. (2005). Half-Real. Video games between real rules and fictional worlds. MIT Press.

Kommentare»

1. Dirk - 30. April 2009

Ich empfinde Bergmanns Buch als gutes Werk, welches sich in meiner Praxis in der Arbeit mit lernbehinderten Kindern mehr als bewährt hat. Etwas zeitgemäßer ist Steven Johnsons Everything Bad Is Good For You: How Today’s Popular Culture Is Actually Making Us Smarter, welches auch auf das Fernsehen eingeht.
Juuls „festes Regelspiel“ läßt viele Aspekte des Computerspiel außen vor, die dem Spieler offen stehen, aber im Gaming Alltag sind: Exploits, Cheats, usw. Die Annahme oder Nicht-Annahme der Regeln obliegen dem Spieler.

2. Lernen mit Computerspielen – ein Überblick « Das Bildungspotential von Computerspielen - 3. Juni 2009

[…] anzusehen. Dementsprechend decken viele Forschungsarbeiten oft mehr als nur eine Kategorie ab (z.B. Computer machen Kinder schlau). Eine weitere Gemeinsamkeit die sich bei pädagogischen und lernorientierten Zugängen zur […]

3. Lernen mit Computerspielen? « My Blog - 19. Januar 2011

[…] „Computer machen Kinder schlau“ […]


Hinterlasse einen Kommentar