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Kompetenzförderliche Potenziale populärer Computerspiele 18. März 2009

Posted by Cariadwyn in Game based Learning, Informelles Lernen, Kompetenzerwerb.
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Bereits im Jahr 2005 beschäftigten sich Christa Gebel, Michael Gurt und Ulrike Wagner mit Computer- und Konsolenspielen und deren Potential zur Kompetenzförderung. In einem Forschungsprojekt wurden 30 der damals aktuellen Top-Spiele einer genaueren Untersuchung unterzogen. Konkrete Fragestellungen bezogen sich auf die Art der Kompetenzen, die Differenzierung der Spiele im Hinblick auf ihre jeweiligen Kompetenzförderlichkeiten und die Möglichkeiten diese nutzbar zu machen. Das Projekt sollte sowohl Ergebnisse liefern als auch eine Grundlage für weitere Forschungen und Arbeiten bilden. Auf der Seite des JFF – Institut für Medienpädagogik finden sich ein Überblick über das Forschungsprojekt, ein ausführlicher Ergebnisbericht und eine Kurzzusammenfassung des Projektes.

Ausgegangen wurde von der Vorannahme, dass Computerspiele durchaus kompetenzförderliche Potentiale besitzen, die auf verschiedenen Ebenen auf die Kompetenzen des Spielers wirken können. Um diese Potenziale sinnvoll einordnen zu können, wurden relevante Kompetenzdimensionen festgelegt, die als Grundlage der Einordnung der verschiedenen Spiele dienen. Auf dieser Grundlage wurde eine Gruppierung der Spiele nach den einzelnen Kriterien möglich.

Ausgewählt wurden insgesamt 30 Computer- und Konsolenspiele, die für Jugendliche ab 16 Jahren und junge Erwachsene attraktiv waren. Zudem wurde auf die Aktualität der Spiele geachtet und versucht sämtliche relevanten Genres in der Auswahl zu berücksichtigen. Zu beachten ist, dass bei allen Spielen nur der Soloplayer-Modus in die Forschung einbezogen wurde, so dass eine Aussage über die Kompetenzförderlichkeit von möglichen Multiplayer-Modi entfällt.

Liste der in das Forschungsprojekt einbezogenen Spiele:

  • Anno 1602
  • Black & White
  • Civilization III – Play the World
  • Commandos 2 – Men of Courage
  • Conterstrike
  • Creatures 3
  • Diablo II
  • Die Sims
  • Final Fantasy X
  • Fluch der Karibik
  • Fussball Manager 2004
  • Gran Turismo 3
  • Herr der Ringe: Die Gefährten
  • Homeworld II
  • In Memoriam
  • Lara Croft – Tomb Raider: The Angel of Darkness
  • Mafia
  • Tom Clancy’s Rainbow Six 3 – Raven Shield
  • Warcraft III
  • Zoo Tycoon – Complete Collection
  • Microsoft Flight Simulator 2004
  • Myst III
  • Neverwinter Nights
  • Pro Evolution Soccer 3
  • Runaway – A Road Adventure
  • Silent Hill 3
  • Sim City 4
  • Star Trek Elite Force II
  • Star Wars – Knights of the Old Republic
  • Tekken 4

Zur Durchführung der Analyse wurden acht geschulte Kodierkräfte engagiert, bei denen auch auf die Erfahrung mit Spielen geachtet wurde, die die Spiele zunächst im Hinblick auf die Kriterien untersuchten und ein Spielprofil erstellten, um sie anschließend auf einer Skala von 1-5 nach ihrer Kompetenzförderlichkeit einzuordnen. Folgende Kriterien wurden genutzt:

  • Adaptivität
  • Motivationspotenzial
  • Angemessenheit des ethisch-normativen Gehalts
  • Anforderungsprofil
  • Problemstrukturen und Vielfalt der Problemstellungen
  • Involvementpotenzial
  • Differenziertheit des dialektischen Systems

Nach der der Einordnung liessen sich fünf kompetenzbezogene Gruppen von Spielen ausmachen. In der folgenden Auflistung sind jeweils die Gruppe und in Klammern die in ihr eingeordneten Spiele genannt.

  1. Vielfältige Föürderungspotenziale (Counterstrike, Fluch der Karibik, Neverwinter Nights, Star Wars – Knights of the Old Republic, Tom Clancy’s Rainbow Six 3 – Raven Shield, Homeworld II, Star Trek Elite Force II, Warcraft III, Microsoft Flight Simulator 2004)
  2. Potenziale zur Förderung kognitiver und persönlichkeitsbezogener Kompetenz (Die Sims, Commandos 2, Creatures 3, Fussball Manager 2004, Diablo II)
  3. Potenziale zur Förderung von kognitiver und Medienkompetenz mit hoher Adaptivität (Anno 1602, Sim City 4, Black & White, Civilization III)
  4. Potenziale zur Förderung von Aufmerksamkeit und Sensomotorik (Gran Turismo 3, Pro Evolution Soccer 3, Tellen 4)
  5. Potenziale zur Förderung persönlichkeitsbezogener Kompetenzen (Final Fantasy X, Lara Croft – Tomb Raider: The Angel of Darkness, Myst III, Herr der Ringe: Die Gefährten, Silent Hill 3, Mafia, Runaway – A Road Adventure)

Anstelle einer Wiedergabe der Zusammenfassung möchte ich einige ausgewählte Zitate präsentieren.

Die sozialen Anforderungen sind über alle Spiele hinweg als sehr niedrig einzustufen; nur zwei Spiele erhielten hier eine hohe Bewertung. Analysiert wurden allerdings nur die Solospielermodi. Bei Multiplayerspielen ist von einem höheren Potenzial zur Förderung sozialer Kompetenz auszugehen. (vgl. [1], S. 353)

Fast die Hälfte der Spiele bietet ein Potenzial zur Förderung der persönlichkeitsbezogenen Kompetenz. Häufig geht dies auf ein überdurchschnittliches Ausmaß an Anforderungen im Umgang mit Stress und Misserfolg zurück. (vgl. [1], S. 353)

Die Betrachtung der Kombination von Kriterien stützt die These, dass die Adaptivität dazu beiträgt, die Anforderungen bei komplexen Spielen individuell zu optimieren. Sie ist dort ausgeprägt, wo zumindest zwei Anforderungsbereiche angesprochen werden. Ebenso scheint der Differenziertheit des didaktischen Systems eine regulierende Funktion zuzukommen, denn ein ausgefeiltes didaktisches System kommt fast ausschließlich bei Spielen vor, die mehrere Kompetenzbereiche ansprechen oder zumindest kognitive und emotionsbezogene Anforderungen verknüpfen. (vgl. [1], S. 354)

Aus dem Forschungsprojekt ergeben sich zwei Ergebnisbereiche. Der erste umfasst die Bestätigung der kompetenzförderlichen Potenziale und deren Aufschlüsselung. Beim zweiten handelt es sich um die erarbeiteten Kriterien, die wie bereits zu Anfang erwähnt als Grundlage für weitere Forschung dienen können.

Zu betonen ist der erste Ergebnisbereich und die daraus resultierenden Möglichkeiten, Computerspiele zur Aus- und Weiterbildung nutzbar zu machen. Insgesamt lassen sich bei allen Spielen verschiedene Potenziale zur Kompetenzförderlichkeit in unterschiedlich starker Ausprägung feststellen. Jedoch ist dieses Ergebnis vor allem unter den mit den Spielen einhergehenden Voraussetzungen und der inhaltlichen Angemessenheit der Spiele im Bezug zum thematisierten Lernstoff zu betrachten. Technische und persönliche Voraussetzungen müssen zu einer effektiven Nutzung erfüllt sein, was nicht immer der Fall sein wird. Ebenso werden Lerninhalte nicht mit dem Inhalt der Spiele übereinstimmen. Diese Schwierigkeiten lassen einen gezielten Einsatz eher fraglich erscheinen. Interessant sind aber gleichzeitig für die Entwickler von Lernsoftware sicherlich die Fragen nach dem Motivationspotenzial und den Elementen, die Computerspiele für die Spieler attraktiv machen.

Abschließend ein zusammenfassendes Zitat aus der Gesamteinschätzung des Forschungsprojekts:

Populäre Spiele unter der Perspektive der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu betrachten, stellt neue Herausforderungen. Insgesamt zeigt sich, dass eine direkte Übernahme von unterhaltenden Computerspielen nur in seltenen Fällen sinnvoll und zweckmäßig erscheint, auch wenn Computerspiele Förderungspotenzial abseits ihrer unterhaltenden Funktion beinhalten. So lässt sich festhalten, dass die Möglichkeiten, ganze Spiele einzusetzen, ausgesprochen begrenzt sind. Z. B. stehen fragwürdige Kontexte oder einseitige Aufgabenstellungen einem Einsatz bei der Mehrheit der Spiele entgegen. Es ist jedoch keineswegs ausgeschlossen, dass im Zuge der Weiterentwicklung des Computerspiele-Segments Angebote hervorgebracht werden, die sich auch für die Kontexte beruflicher Aus- und Weiterbildung als geeignet erweisen. (vgl. [1], S. 362)

Quellen:

[1] Ausführlicher Ergebnisbericht zum Forschungsprojekt „Kompetenzförderliche Potenziale populärer Computerspiele“ http://www.abwf.de/content/main/publik/report/2005/report-92b.pdf

Kommentare»

1. Computerspiele als Instanz der informellen Kompetenzförderung « Das Bildungspotential von Computerspielen - 29. April 2009

[…] Welt übertragen lassen konnte von Nadja Kraam-Aulenbach jedoch nicht beantwortet werden. Die Studie Kompetenzförderliche Potenziale populärer Computerspiele von Gebel, Gurt und Wagner beschäftigte sich ebenfalls mit möglichen Potenzialen von […]


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